Viele Rechte, keine wirkliche Mitsprache

Was in der Schule läuft – und wie: Das müssten nicht zuletzt die Schülerinnen und Schüler zu sagen haben und die Lehrpersonen. So verlangt es das Gesetz. Die Anwendung funktioniere aber nur „kümmerlich“, sagt Hans Georg Signer im letzten Teil des Monatsgesprächs. Auf dieses Weise gehe ein grosses Potenzial verloren.

Wir haben uns auch schon über das fehlende Vertrauen unterhalten, das Schulleitungen den Lehrpersonen entgegenbringen. Gibt es das gleiche Problem auch in den Schulzimmern im Verhältnis zwischen den Lehrpersonen und den Schülerinnen und Schülern?

Das Verhältnis zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern lässt sich wahrscheinlich sehr gut mit jenem zwischen der Schulleitung und den Lehrerinnen und Lehrern vergleichen, ja. 

Dabei hätte gerade Basel-Stadt die Rechte der Schülerinnen und Schüler sehr schön ausformuliert. Denmnach müssten sie frühzeitig einbezogen werden in alle wichtigen Entscheide der Schule und der Gesellschaft.

Die Rechtsgrundlagen klingen gut, ja. Die Realität ist dagegen, das sage ich auch sehr selbstkritisch, kümmerlich.

Warum denn? Die Schulen müssten sich doch an diese Verordnung halten.

Schon – aber auf die Idee, bei einem Prozess auch noch die Schülerinnen und Schüler miteinzubeziehen, kommen die Schule meistens erst ganz am Schluss – wenn überhaupt. Das ist nicht in ihrer DNA.

Wollen sie nicht, können sie nicht?

Es ist halt auch einfach – gestatten Sie diesen Ostschweizer Slang – «huerä müesam», diese Form der Partizipation hinzukriegen. Da hat man in einer Schülerinnen- und Schülerorganisation vielleicht einmal das Glück, drei ideale Schwiegertöchter und Schwiegersöhne zu haben, die sich einbringen und den Laden dank ihren guten Ideen und ihrem Engagement schmeissen. Nach drei, vier Jahren sind sie je nach Schule dann aber auch schon wieder weg und schon schläft das Ganze wieder ein. 

Interessant ist aber, dass die Schülerinnen und Schüler meistens gute Vorschläge haben, wenn man sie zu einer konkreten Frage mal Stellung beziehen lässt. Liegt da nicht ein riesiges Potenzial brach?

Doch, natürlich. 

Wie ist es denn um die Mitsprache der Lehrpersonen in den Schulen bestellt – auch so schlecht?

Das wird sehr unterschiedlich gehandhabt und da gibt es sicher auch sehr gute Beispiele. In Basel-Stadt haben wir im Gegensatz zu anderen Kantonen auch eine gute Rechtsgrundlage. In Bezug auf die Governance ist da alles sehr klar geregelt, während es etwa in Zürich Widersprüche zwischen dem Gesetz und der Verordnung gibt. In der Praxis ist es vor allem wichtig, dass die Kompetenzen sauber aufgetrennt werden. Alles was mit Didaktik und Pädagogik zu tun hat, muss möglichst bei den Lehrerinnen und Lehrern sein. Sie sind die Praktikerinnen und Praktikern, die sehr genau einschätzen können, was sinnvoll ist und was nicht und sie müssen die Entscheide auch ausbaden. In Finanz- und Personalfragen und Fragen der systematischen Qualitätsentwicklung, der Gleichbehandlung und der Gerechtigkeit muss dagegen die Schulleitung über eine gleichermassen geklärte wie starke Stellung verfügen. Daneben ist selbstverständlich auch die Verwaltung eine sehr wichtige Aufgabe der Schulleitung. Wenn das läuft, läuft schon sehr vieles. Eine gute Schulleitung definiert sich immer allem anderen zuvor als unterstützende und entlastende Institution.

Die Plattform, auf der ein Kollegium ihre Debatten führt und Entscheide fällt, ist der Konvent. Während man in den einen Schulen sehr stolz ist auf diese Einrichtung, wird sie in anderen eher für eine Schwatzbude und eine reine Zeitverschwendung gehalten. Was zeichnet einen guten Konvent aus?

Diese Versammlungen sollten möglichst lebendig sein – als  Plattform, auf der sich alle einbringen können, um ihre Schule weiterzuentwickeln. Ein solcher Diskurs macht die Schule besser und sorgt dafür, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer mit ihr auch identifizieren. 

Und die Realität?

In Bezug auf den Konvent gibt es viele gute Beispiele. Aber es gibt selbstverständlich auch Schulen, in denen alles top-down läuft und es keinen Dialog gibt. 

Was müsste sich in diesem Bereich insgesamt verbessern?

Man könnte den einzelnen Schulen und Lehrpersonen-Teams noch einen sehr viel grösseren Handlungsspielraum geben, weil sie ihrer Verantwortung so bewusst sind. Viele Teams wissen gar nicht, wie gut sie sind…

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