Warum die Pflege ein so toller Beruf ist und sie dennoch lieber einen anderen hätten. Warum es einem so gut tut in einem „Frauenberuf“ zu arbeiten und das Image eben doch ein grosser Nachteil ist: Das erklären die herangehenden Fachangestellten Gesundheit und Pflegefachleute im zweiten Teil des Monatsgesprächs.
Wer von Ihnen bleibt dem Beruf nach der Ausbildung treu?
(4 von 14 strecken auf.)
Warum denken so viele an einen Wechsel?
Lernende 8: Ist das noch eine Frage? Wegen all der Probleme, die jetzt endlich auch in der Politik zum Thema geworden sind! Warum denn sonst?
Studierende FH: Ich kann das gut nachvollziehen. Mich stresst dieses Gefühl auch – einerseits extrem viel Verantwortung zu haben für meine Patientinnen und Patienten, andererseits aber nur über einen sehr, sehr engen Handlungsspielraum zu verfügen. Immer muss ich irgendetwas machen und vieles ist ganz, ganz dringend, manchmal müsste ich an zwei oder drei Orten gleichzeitig sein und vieles muss man genau so erledigen und nicht anders. Man rennt und rennt und kommt doch nicht wirklich vorwärts – und muss dann auch alles noch dokumentieren. So fühlt es sich wohl in einem Hamsterrad an.
Was spricht fürs Bleiben?
Lernende 9: Eigentlich haben wir eine wunderbare Arbeit. Wir lernen die unterschiedlichsten Menschen kennen und können sie in teilweise sehr schwierigen Situationen zu unterstützen. Was gibt es Besseres, Sinnvolleres?
Wie läuft die praktische Ausbildung in den Betrieben?
Lernender 10: Da gibt es sehr grosse Unterschiede. In einigen Betrieben werden die Lernenden und Studierenden top begleitet und ausgebildet, in anderen dagegen eher als billige Arbeitskraft benutzt.
Maya Graf hat im Interview auch gesagt, die Pflege hätte einen besseren Stand, wenn sie nicht als Frauenberuf gelten würde.
Studierende FH: Klar. In einem Männerberuf hätten wir mehr Lohn, mehr Ferientage und Boni wahrscheinlich auch noch.
Was denken die Männer unter Ihnen?
Lernender 11: Für mich ist das weniger ein Thema und ganz normal, in einem so genannten Frauenberuf zu arbeiten. Ich kenne aber auch nichts anderes.
Lernender 12: Ich bin sehr empathisch geworden.
Lernender 13: Wem gegenüber denn?
Lernender 12: Der gesamten Menschheit, versteht sich.
(Lachen, Gemurmel.-)
Lernender 14: Ein Thema ist das eigentlich nur, wenn eine Patientin nicht von mir gepflegt werden will, sondern von einer Frau.
Zwischenfrage an die Frauen unter Ihnen: Werden Sie auch noch Schwester genannt?
Lernende 9: Von allen über 80. (Die anderen bestätigen das.)
Sagen Sie etwas dazu?
Lernende 9: Nein. Da haben wir grössere Probleme.
Ihre Ausbildung zum Beispiel, die ja auch ein grosses Thema im Abstimmungskampf ist?
Lernende 9: Was genau wollen Sie da wissen?
Ob Ihre Ausbildung auch so problematisch ist wie Ihre Arbeitsbedingungen.
(Lachen, Gemurmel.)
Lernender 12: Na, na. Immer schön positiv bleiben!
Dann frage ich eben so: Wie gut ist Ihre Ausbildung?
Lernende 9: Die BM-Ausbildung ist ein sehr guter Start ins Berufsleben. Da stehen einem nachher sehr viele Wege offen. Ich kann auch in eine ganz andere Richtung weitergehen – und habe trotzdem schon einen Beruf gelernt.
Lernende 15: Mir gefällt es auch, dass wir in Naturwissenschaften gewissen Fragen vertieft nachgehen , die in der Berufskunde aus zeitlichen Gründen nur angetippt werden können, obwohl sie eigentlich sehr interessant wären.
Als Fage möchte niemand von Ihnen weiterarbeiten. Warum?
Studierende FH: Das scheint mir etwas undankbar. Einerseits hat man eine sehr grosse Verantwortung – ich denke da etwa an eine Stationsleiterin im Bereich der Langzeitpflege. Andererseits ist der Lohn eher tief. Das ist zwar nicht der entscheidende Aspekt, sagt aber schon auch etwas aus über die Wertschätzung, welche die Gesellschaft diesem Beruf gegenüberbringt.
Hier geht es weiter zum dritten und letzten Teil des Monatsgesprächs.
Das Gespräch ist am Rande eines Schulprojektes an der Berufsfachschule für Gesundheit Baselland über die Pflegeinitiative entstanden. Mit geredet haben 13 Lernende, die im kommenden Jahr ihre dreijährige Lehre als Fachangestellte Gesundheit (Fage) und parallel dazu ihre Berufsmaturitätsaudbildung abschliessen werden. Am Gespräch beteiligte sich zudem eine ehemalige Lernende, die sich nun an der Fachhochschule zur Pflegefachfrau ausbilden lässt. Geführt wurde das Gespräch vom hochgeschätzten Geschichtslehrer (also mir).